Pistotnikgasse 13 (Graz)

Aus Baugeschichte

Österreich » Steiermark » Graz » 8010



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47° 4' 7.73" N, 15° 28' 17.89" E


Villa Kassecker

Der Bau wurde um 1910 errichtet und weist sehr schöne Elemente des Jugendstils auf. Der nach Süden orientierte Bau ist in den Ost- und und Westtrakten der beiden Hauptgeschosse unterschiedlich konzipiert; so zeichnet sich der westliche Hausteil im Obergeschoss durch ein dreiteiliges großes rundbogiges Fenster aus, unter dem sich ein Stuckzierat in Girlandenform befindet. Aufwendig ist der Mittelteil des ausgebauten Dachgeschosses gestaltet, wo sich ein kleiner Balkon zeigt, der durch ein schönes Gußeisen-Geländer in Jugendstilmotiven geziert wird. Zwei blechgedeckte Dachhäuschen vervollständigen den äußerst harmonischen Gesamteindruck der Architektur.

Leider liegt im Grazer Stadtarchiv kein Bauakt auf, so dass zunächst weder Bauherr noch Architekt bekannt waren. Die Adressbücher der Jahre 1910 und 1911 zeigen jedoch folgende Eintragungen: Auf der damaligen Adresse Edisongasse 9 ist ab 1911 Josef Moretti, städt. Kassa-ObOff., als Hausbesitzer verzeichnet, 1910 war er noch auf Mannagettaweg 15 daheim (das dem Leo Beck Ritter v. Mannagetta und Lerchenau gehörte). Die Pistotnikgasse hieß vorher Edisongasse, und die Hausnummer 9 (heute 13) war auch die der Familie Kassecker (Quelle: Adressbuch 1938: Edisongasse 9 Kassecker Leopold).

Wie ein Foto von nach 1910 zeigt, war das Haus jedenfalls eines der ersten in diesem Bereich von Waltendorf, es wurde von unmittelbar in der Nähe einschlagenden Bomben im 2. Weltkrieg verschont.

Mangels überregional bedeutsamer Argumente hat das Denkmalamt der Villa keine besondere Schutzwürdigkeit zuerkennen können. Ein im Zuge der Verlassabwicklung sehr negativ formuliertes Gutachten über den Bauzustand war dabei auch nicht gerade hilfreich. Viele, die das Haus gesehen haben und sich auch in Baufragen auskennen, haben jedoch bestätigt, dass man es trotzdem ohne weiteres erhalten könnte. Bedauerlicherweise hat das Altstadtgesetz weder im alten Dorfkern, noch im Villenviertel von Waltendorf eine Schutzzone ausgewiesen.

Die Villa hat jedoch im steirischen Kulturleben eine bedeutende Rolle gespielt. Sie war nämlich zuletzt im Besitz der Familie Kassecker. Paul Kassecker (1903 – 1992) war ein bekannter steirischer Maler und Bildhauer; sein 2011 verstorbener Sohn Michael war ebenfalls Künster, Restaurator und Ausstellungsleiter im Aflenzer Hochschwabmuseum. Im Erdgeschoss hatten die beiden Künstler ihr Atelier.

[[[Kategorie:seit 2010 abgerissene Gebäude (Graz)]]



Kommentare

Als bekannt wurde, dass das Haus von den Erben verkauft werden sollte, haben Waltendorfer Bürger einige Kaufinteressenten ausfindig gemacht, die das schöne Haus erhalten wollten. Das wäre ganz im Sinne des verstorbenen Besitzers gewesen, der noch knapp vor seinem Tod 1/3 seines Grundstückes verkaufte, in der Hoffnung, damit könnten Baulöwen davon abgeschreckt werden, das gesamte Grundstück zu verbauen. Den Zuschlag hat jedoch eine Baufirma aus Frauental erhalten. Diese will – wie kann es anders sein – das Haus abreißen und einen Neubau mit sechs Wohnungen errichten. Der gültige Flächenwidmungsplan sieht hier reines Wohngebiet und eine Bebauungsdichte von 0,2 – 0,4 vor. Allerdings fehlen dem Käufer angeblich noch 2/12 der Eigentumsanteile.

In der Sonntagsausgabe des "Grazer" vom 10.8.2014 wurde das diesem schönen Bau drohende Schicksal thematisiert. Da es angeblich zu einer neuen Schutzzone für die Villengebiete am Ruckerlberg kommen soll, hat SOKO Altstadt die Alststadt-Kommission ersucht, die schönen Villen im Bereich Mannagettaweg und Pistotnikgasse als künftige Schutzzone zu erklären; vielleicht kann damit der Abbruch der Villa noch verhindert werden. Laukhardt (Diskussion) 20:04, 11. Aug. 2014 (CEST)

Die uns zugegangene Antwort der ASVK war leider negativ: "Pistotnikgasse 13 liegt tatsächlich weit außerhalb jenes Bereiches, der seitens ASVK und Stadtplanungsamt für eine Schutzgebietserweiterung in Diskussion genommen wurde. Grundsatz für jede Erweiterung muss immer ein mehr oder weniger geschlossenes Ensemble schutzwürdiger Gebäude sein, wie beispielsweise etwa das Villenviertel im Bereich des Ruckerlberges zwischen Ruckerlberggasse, Polzergasse, Nibelungengasse und Plüddemanngasse. Im konkreten Fall ist also die Einschätzung einer möglichen Schutzwürdigkeit nach dem GAEG nicht zu beantworten." Laukhardt (Diskussion) 15:52, 20. Aug. 2014 (CEST)

Am 14.2.2017 kommt schließlich die Nachricht, dass der Abbruchantrag eingereicht ist und mangels rechtlicher Möglichkeiten (keine Schutzzone, kein Denkmalschutz) positive behandelt werden wird; die Eintragung im "Schutz-Kataster" hat derzeit keine Wirkung. Laukhardt (Diskussion) 18:44, 14. Feb. 2017 (CET) Ein Jahr später ist es soweit: die Villa wird im Februar 2018 abgerissen.

Laukhardt (Diskussion) 17:55, 8. Feb. 2018 (CET)

Einzelnachweise

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